Dieses Jahr können wir wahrlich von einem „Hexen-Mond“ sprechen! Am 30. April gegen 01:58 Uhr (für mich spielt die Zeit-Umstellung keine Rolle, daher eine Stunde früher) haben wir einen Vollmond im Skorpion. Der „Wonne-Mond,“ wie er auch genannt wird, ist der fünfte Vollmond im Jahreskreis und leitet sich aus dem altdeutschen „wunnimānōd“ bzw. dem mitteldeutschen „wunnemānōt“, „winnimānōt“ ab und bedeutet so viel wie „Weidemonat.“ Also mit der Bedeutung von „Wonne“ hatte es ursprünglich rein gar nichts zu tun.
Es war ein Hinweis darauf, dass nun das Vieh wieder auf die Weiden gebracht werden konnte. Im 8. Jahrhundert führte Karl der Große aus den oben genannten Begrifflichkeiten den „Wonnemond“ ein und wir assoziieren bis heute „Lust, Erotik, Leidenschaft, Glücksgefühle, Rausch, Frohsinn, Freude und Genuss“ mit ihm. In der Astrologie verkörpert der Mond im Skorpion und die Sonne im Stier, genau diese Attribute, die mit „Wonne“ verbunden werden und in der sagenumwobenen Nacht vom 30. April auf den 01. Mai gefeiert wird.
Aus Überlieferungen hören wir von „sündhaftem Treiben.“ Da ist die Rede von Hexen, die sich dem Teufel hingeben und Orgien feiern. Tatsächlich wurde ursprünglich das heidnische Fest, bei den Kelten hieß es „Beltane“ gefeiert. Das unbeständige April-Wetter wurde verabschiedet, um den Mai zu begrüßen. So fruchtbar wie sich die Natur nun zeigt und alles wächst und sprießt, erwachten auch bei den Menschen, die früher viel enger mit der Natur verwoben waren, die schlummernden archaischen Kräfte. Dazu gehörten natürlich auch die sexuellen Energien und es wurde die „männliche und weibliche“ Urkraft gefeiert.
Druiden, Schamanen und Priesterinnen begangen das traditionelle nord- und mitteleuropäisches Fest der Liebe, und der Fruchtbarkeit mit entsprechenden Ritualen. Pärchen tanzten und sprangen über das Feuer. Es fand eine spirituelle Verschmelzung zwischen den neu erwachten Naturkräften und den menschlichen Trieben statt.
Das Prinzip ist sehr schön in Abbildungen des Naturgottes Pan zu sehen. Halb Mensch mit dem Unterleib eines Ziegenbocks und Hörnern auf dem Kopf, zeigt sich dieser Gott eher lüstern. Solche Gottesbilder konnten keinen Einzug ins Christentum finden und wenn nur als Abschreckung und in Darstellung des Teufels. Die Frauen, die an derartigen Festen teilnahmen und den Lockrufen des "Gehörnten" (Cernunnos) folgten, wurden vom Christentum wohl kaum verehrt.
William-Adolphe Bouguereau (1825 – 1905)
Verehrt und von Papst heiliggesprochen wurde jedoch „Walburga“, auf die der heutige Name der „Walpurgisnacht“ aller Wahrscheinlichkeit nach zurückzuführen ist. Die in Wessex (Südengland) geborene Adelige und spätere Äbtissin gilt bis heute als wichtige Schutzpatronin der Seeleute. Sie reiste um 750 nach Germanien und die Überfahrt verlief sehr stürmisch. Der Legende nach soll Walburga die ganze Zeit im Gebet kniend an Deck verbracht haben, bis das Schiff heil in Antwerpen einlief. Sie soll für zahlreiche Wundertaten verantwortlich sein und gibt Schutz vor bösen Geistern.
Dieses Frauenbild passte natürlich besser zur Walpurgisnacht, als Weibsbilder, die um das Feuer tanzten und sich den Freuden der Liebe hingaben. Zudem ist überliefert, dass spezielle Salben, Tinkturen oder Getränke für rauschähnliche Zustände sorgten. Vielleicht führten die sogar dazu, die Konsumentinnen glauben zu machen, dass sie fliegen können. So ist das Bild der „fliegenden Hexen“ nicht mehr weit, zumal es Brauch war, Reisigbesen als Schutz vor die Tür zu stellen.
Alsbald begann die Verteufelung heidnischer Traditionen und Bräuche, die im Hexenkult und damit einhergehender Hexenverfolgung ihren traurigen Höhepunkt fand. Hexenverbrennungen und Folter begleiteten das Christentum bekannterweise bis ins neue Zeitalter. Der letzte legale Hexenprozess fand im April 1775 in Kempten statt und verurteilte die Dienstmagd "Anna Maria Schwegelin" zum Tode. Laut Archivmaterial soll sie jedoch nicht getötet worden sein, sondern starb im Gefängnis. Wer glaubt, den Hexenwahn gab es nur im Mittelalter wird durch aktuelle Nachrichten eines Besseren belehrt. Neueste Studien belegen, dass weltweit jährlich Tausende von Menschen, vornehmlich Frauen und sogar Kinder sterben müssen, weil sie als Hexen gelten oder ihnen Magie vorgeworfen wird. Die Hochburgen der modernen Hexenjagd sind Länder wie Honduras, Panama, Indien, Afrika und Papua-Neuguinea.
In der Harzregion muss man keine Angst haben, als Hexe auf dem Scheiterhaufen zu landen. Die Walpurgisnacht wird heutzutage zumeist als Touristenattraktion veranstaltet. Der Kult um die "fliegenden Hexen auf ihren Besen" ist ungebrochen und zieht viele Menschen in ihrem Bann. Mittlerweile gibt es moderne Hexen, die sich für Heilkunde, Kräuterwissen und Magie interessieren und diese auch im Alltag leben. Sie versuchen die Natur nicht nur zu achten, sondern sie als wesentlichen Bestandteil unserer Schöpfung zu sehen und ihr zu huldigen. Gerade heute in der technischen Welt, sehnen wir uns nach überliefertem Wissen, nach Ritualen und Traditionen, die uns einen tieferen Sinn, Halt, Geborgenheit und Zufriedenheit vermitteln.
Folgendes Walpurgis-Ritual kann ich Ihnen empfehlen. Es ist praktisch umzusetzen und seit Jahren erfreue ich mich an dieser Zeremonie, die sie leicht durchführen können:
Die Birke steht für Reinigung und Neuanfang. Sie fördert die Befreiung und Loslösung von "Altem" und "Überholtem." Bei unseren Vorfahren wurde sie als Heiliger Baum verehrt und sie gilt als Symbol für die "Weiße Göttin!"
Tatsächlich erinnert sie mit ihrer weißen Rinde an die Unschuld einer jungen Braut. Deshalb stellen bis heute die heiratsfähigen Burschen, vornehmlich in ländlichen Gegenden, Birkenbüsche vor die Tür Ihrer Auserwählten!
Im Norden wurden ihre Zweige auf den Körper geschlagen, um ihn so beim Saunieren zu reinigen. Tee oder Saft aus Birkenblättern wirken entschlackend und eignen sich gut für eine Gesundheitskur.
Als Ritual empfehle ich Ihnen Birkenzweige zu pflücken und diese mit bunten Schleifen zu versehen. Jede Schleife, steht für Ihren persönlichen Wunsch. Anhand der Farben können Sie die Themen an Ihrem " Wunschbaum" bestimmen:
Rot = Liebe u. Partnerschaft
Blau = Geschäft u. Erfolg
Grün = Gesundheit u. Wohlbefinden
Gelb = Wissen u. Kommunikation
Lila = Glauben u. Spiritualität!
Türis = Reisen u. Freiheit
Auch als Räucherung entfaltet die Birke ihre magischen Kräfte und zusammen mit Weihrauch sorgt sie für eine wirkungsvolle energetische Reinigung.
Ich wünsche Ihnen als bekennende „Naturmystikerin“ eine besonders magische Vollmond-Nacht, denn im Skorpion weckt sie die verborgenen Kräfte in uns. Lang Verdrängtes erwacht in unserer Seele und offenbart sich beispielsweise durch intensive Träume. Mediale Fähigkeiten und spirituelle Aktivitäten stehen unter einem guten Stern. Intensive Begegnungen und leidenschaftlich Gefühle sind Ausdruck dieser Tage. In bestehenden Partnerschaften wird das lodernde Feuer der Leidenschaft und Erotik (wieder) entzündet. Also beste Voraussetzungen um die Walpurgisnacht, einen Tag später zu zelebrieren. Ich wünsche Ihnen Fruchtbarkeit auf allen Gebieten. Das ihre Pläne und Ideen auf nährreichen Boden fallen, dass ihre Liebe und Zuneigung erwidert wird, dass sie sich eins mit unserer Mutter Erde und dem Kosmos fühlen. Dass sie mit Wonne den Mai begrüßen, die Düfte wahrnehmen, dem Vogelgesang lauschen, sich an der Melodie des plätschernden Baches erfreuen und aus der göttlichen Quelle schöpfen!
In diesem Sinne leben Sie Ihre Weiblichkeit in all ihren Facetten und feiern Sie ihre Lust, die Liebe und das Leben …
Ihre Karin Biela
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B.S. (Freitag, 01 Mai 2020 07:22)
Ein hilfreicher Artikel mit sehr schönen Fotos. Vielen Dank und eine gute Walpurgisnacht.