Ich möchte Ihnen eine Begebenheit erzählen, die sich vor Wochen genau so zugetragen hat. Wir werkelten an einem sonnigen Samstag Nachmittag in unserem Garten, als plötzlich ein Igel vom Nachbargrundstück auf unsere Parzelle lief. Für uns war es was Besonderes, denn noch nie zuvor bekamen wir Besuch von so einem possierlichen Gesellen.
Freudig holte ich meine Kamera, um Fotos zu machen. Dabei fiel mir auf, dass das flinke Stacheltier immer wieder beim Laufen auf die linke Seite fiel. Sofort war uns klar, dass hier was nicht stimmte. Ich zog mir Gartenhandschuhe an und hob das arme Geschöpf behutsam hoch und sah die Wunde am rechten Ohr, die mit Parasiten überhäuft war. Es hatten sich schon Fliegeneier eingenistet und auch ohne tiermedizinische Kenntnisse leuchtete uns ein, dass wohl das Gleichgewichtsorgan betroffen ist und höchste Eile geboten war.
In diesem jämmerlichen Zustand wäre das kleine Säugetier eine leichte Beute gewesen und hätte sehr wahrscheinlich keine Überlebenschancen, denn es war zudem völlig abgemagert.
Also verstauten wir "unseren kleinen Patienten" in eine Kiste, die wir zuvor mit Laub befüllten und fuhren schnurstracks zum nahe gelegenen Tierheim. Vorsichtshalber riefen wir vorab dieses an, um in Erfahrung zu bringen, ob wir den Igel zwecks Behandlung bringen dürften. Dem wurde auf der Stelle zugestimmt und wir waren erleichtert. Nach der Ankunft übergaben wir das Tier in fachmännische Obhut. Die freundliche Mitarbeiterin untersuchte den Igel und hat bereits Maden im Ohr entdeckt. Sie klärte uns auf, dass diese -wenn sie in tiefere Schichten des Körpers oder des Gehirns eindringen, lebensbedrohliche Verletzungen hervor-
rufen und dann keine Rettung mehr möglich wäre.
Wir waren traurig und hofften auf ein kleines Wunder. Sollten alle unsere Anstrengungen umsonst gewesen sein ...
Die Wildtierstation des Tierheimes München ist zum Glück auf die veterinäre Versorgung und Pflege ausgerichtet und verfügt über eine eigene Igelabteilung. Der rettende Engel in Form der Tierpflegerin kümmerte sich sehr liebevoll um unseren Freund, dessen Wohlergehen uns berührte. Ich glaube wir schauten mit so herzzerreißendem Blick, dass sie für uns aufmunternde Worte fand und versprach, alles erdenklich Mögliche zu tun ...
Wir mussten ein umfangreiches Formular ausfüllen und in der obersten Zeile stand "Igel Nr. 130". So übernahmen wir diese Namensgebung und waren zuversichtlich, dass der Kleine ein Kämpfer ist und beschworen seine Selbstheilungskräfte. Wir bedankten und verabschiedeten uns - überließen nun alles dem Schicksal. Insgeheim hofften wir auf Genesung und ein baldiges Wiedersehen ...
Nachdem wir uns regelmäßig erkundigten, hatten wir Anteil am detaillierten Krankheitsverlauf des Patienten. Nachdem er zuerst versorgt wurde und Medikamente erhielt, wurde sein verletztes Ohr in Narkose gesäubert und von den Parasiten befreit. Mit einer Antibiose und aufbauender Nahrung sollte das geschwächte Tier aufgepäppelt werden. Es schien dem tapferen Kerl schon besser zu gehen, jedoch durchlebte er dann eine sehr kritische Phase und es stand wirklich nicht gut um ihn. Bangen und Sorge begleiteten uns in dieser Zeitspanne und wir schafften ein Igelhaus an. Vielleicht spürte er ja, dass er in Liebe erwartet wird und sein heimeliges Zuhause bereit steht. Auch das beste Futter wurde schon bestellt. Wir haben auch keine Kosten gescheut und ein Freilaufgehege angeschafft.
Weitere Tage vergingen und endlich nach insgesamt fünf Wochen kam der ersehnte Anruf. Igel Nr. 130 ist wohlauf, gut genährt und zur Abholung bereit. Morgen fahren wir erneut ins Tierheim, um ihn in Empfang zu nehmen und als Gast in unserem Garten zu begrüßen.
Auf Empfehlung sollen wir den Igel noch zwei Wochen füttern, ehe wir ihn in die Freiheit entlassen. Der Wonneproppen wiegt mittlerweile 1088 Gramm und ist für den Winterschlaf gerüstet. Wir hoffen natürlich, dass er von sich aus bleibt und es sich in seinem kuscheligen Igelhaus gemütlich macht, so dass er die kalte Jahreszeit in unserem kleinen Garten-Paradies verbringt.
Denn unseren Igel Nr. 130 haben wir so lieb gewonnen und seine Rettung erfüllt uns mit tiefer Dankbarkeit und Glück ...
Eine Spende an das Tierheim und unser Dank an die engagierten Mitarbeiter ist natürlich selbstverständlich.
Wenn auch Sie helfen wollen, folgen Sie dem Link und Sie erhalten weitere Informationen: https://www.tierschutzverein-muenchen.de/
Ist er nicht ein Wonneproppen - Igel Nr. 130?
Übrigens gehören Igel erdgeschichtlich zu den ältesten noch lebenden Säugetierarten. Ihre Vorfahren lebten bereits vor ungefähr 65 Millionen Jahren. So wie sie jetzt aussehen, gibt es sie immerhin auch schon seit ca. 15 Millionen Jahren. Also ein prähistorisches Stacheltier, welches ausgewachsen 6000 bis 8000 Stacheln aufweist. Bei Gefahr oder Berührung rollen sie sich mithilfe eines Ringmuskels ein und stellen die Stacheln zum Schutz auf. Sie haben einen äußerst ausgeprägten Geruchssinn und ihr Gehör reicht weit in den Ultraschallbereich hinein. Entgegen der oft verbreiteten Meinung mögen Igel kein Obst und Gemüse. Sie ernähren sich hauptsächlich von Insekten, Regenwürmern, Spinnen und Schnecken. Im Herbst fressen sie sich ein Fettpolster an, das als Energiespeicher dient, und können bis zu einem halben Jahr ohne Nahrung auskommen. Während dieser Zeit halten sie ihren Winterschlaf und verlieren dabei 20 - 40 % ihres Körpergewichts. Sie wiegen 800 - 1500 Gramm und sind 24 - 28 cm groß!
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